Sprich auch du


Sprich auch du,
sprich als letzter,
sag deinen Spruch.


Sprich –
Doch scheide das Nein nicht vom Ja.
Gib deinem Spruch auch den Sinn:
gib ihm den Schatten.


Gib ihm Schatten genug, gib ihm so viel, als du um dich verteilt weißt
zwischen Mittnacht und Mittag und Mittnacht.


Bicke umher:
sieh, wie's lebendig wird rings –
Beim Tode! Lebendig!
Wahr spricht, wer Schatten spricht.


Nun aber schrumpft der Ort, wo du stehst:
Wohin jetzt Schattenentblößter, wohin?
Steige. Taste empor.
Dünner wirst du, unkenntlicher, feiner!


Feiner: ein Faden,
an dem er herabwill, der Stern:
um unten zu schwimmen, unten,
wo er sich schwimmen sieht: in der Dünung wandernder Worte.



Paul Celan, Achtzig Gedichte, EBG Verlags GmbH, Kornwestheim 1986, S. 24.

 

 

In Erinnerung an Werner, mit dem die Gruppe viel zu früh einen unermüdlich nach der echten Wahrheit Suchenden verloren hat, der uns mit seiner kreativen Provokation stets angespornt hat, nicht bequem zu werden. Wir werden dich immer vermissen!