Eine Gasse - 24 Häuser

Die Servitengasse hat ihren Namen von den Serviten, die hier 1651 mit dem Bau einer Kirche begannen. Erst 1639 hatte sich der italienische Bettelorden in Wien niedergelassen, die Servitenbrüder bezogen ein Haus und einen Stadl, der als Kapelle hergerichtet wurde, in der Rossau. Durch Zukauf eines angrenzendes Hauses entstand das Servitenkloster.

Die Gasse liegt inmitten eines ehemals jüdisch-geprägten Viertels mit einer Synagoge in der Müllnergasse, Bethäusern u.a. in der Grünentorgasse und Nußdorfer Straße sowie dem Altersheim in der Seegasse. Bis zum "Anschluss" waren jüdische und nichtjüdische Mieterinnen und Mieter WohnungsnachbarInnen, oft waren mehr als die Hälfte der HausbewohnerInnen jüdischer Herkunft.

Wie ein Tor markieren die Häuser Servitengasse 1 (mit den Lohner-Werken) und 2 den Eingang in die Gasse, die heute eine Wohnstraße ist. Eine Reihe Häuser mit bemerkenswerten Fassaden, gebaut um die Jahrhundertwende, alle mit Geschäftslokalen im Erdgeschoss, zieht sich bis zum Servitenkloster und der Kreuzung Grünentorgasse. Die Häuser dahinter, Richtung Pramergasse, sind durchwegs ca. 20 bis 30 Jahre älter. Insgesamt weist die Gasse heute 24 Häuser auf, deren ehemalige BewohnerInnen im Zuge des Projektes Servitengasse 1938 - Schicksale der Verschwundenen erforscht wurden.

1938

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten im März 1938 und vor allem im Zuge des Novemberpogroms kam es in ganz Wien zu Delogierungen. Auch von HauseigentümerInnen oder NachbarInnen wurden jüdischen MieterInnen aufgefordert, ihre Wohnungen zu räumen. Per Gesetz mussten Jüdinnen und Juden ab Frühjahr 1939 ihre Wohnungen verlassen. Mitunter fanden sie Bleibe bei Verwandten oder Bekannten, die bald selbst von Delogierungen betroffen waren oder sie versuchten, in anderen "Wohngemeinschaften" Unterkunft zu finden. Nur wenigen gelang in dieser Situation noch die Flucht ins rettende Ausland.


In diesen auch als "Sammelwohnung" bezeichneten Wohnungen lebten Jüdinnen und Juden auf engstem Raum und bereits größtenteils ihres Vermögens beraubt. Gerade das Servitenviertel/die Rossau wies eine relativ hohe Anzahl von Sammelwohnungen auf. Häufig mussten sie mehrmals in solche "Sammelwohnungen" umziehen, bevor sie in ein Sammellager eingewiesen wurden. Von dort wurden sie direkt zu den Bahnhöfen gebracht und in KZ-Transporte eingewiesen. Ende 1942, nach den letzten großen Deportationen aus Wien, galten die meisten Mietshäuser in Wien als "judenrein".